Ultimate Beneficial Pipeline Construction System 2.0

 

2021
Soundinstallation
Etwa 14 m x 0,8m
Keramik, Melasse, Ziegelsteine

LAURA PIENTKA, Ultimate Beneficial Pipeline Construction System, 2021, Raum-, Geruch-, Soundinstallation, Performance

Laura Pientka fügt in ihrer Arbeit einen – ziemlich eindeutig schlechten – Geruch mit Klängen und zwei plastischen Materialien zusammen. Rohrstücke, die einzeln aus Keramik und daher nicht passgenau gefertigt sind, fügen sich zu einem alles andere als perfekten, auf Ziegelsteinen gelagerten Rohrleitungssystem, das skulptural ästhetisch wirkt. In diesen Rohren sind Geräusche zu vernehmen, die an menschliche Darmaktivitäten und Blähungen erinnern. Es brummt, blubbert, grummelt, pfeift und knarzt im verzerrten Echo der langen Rohre. Dieses akustische Rumgepupse geht einher mit entsprechenden Gerüchen, die ebenso wie die Geräusche aus den Rohren in den Raum treten.

Die olfaktorische Ebene ist deshalb so übelriechend, weil es Lecks in dem Rohrsystem gibt, das eigentlich die Gerüche ohne Umweltbelästigung transportieren können sollte. Laura Pientka bemüht sich dabei, die in ihrer skulpturalen Praxis angelegte Imperfektion zu reparieren, indem sie die Verbundstellen der einzelnen Rohrteile mit Melasse kittet. Die ist ein visuell und haptisch eindrückliches Material mit olfaktorischer Komponente, ohne wirklich dauerhaft zur Verhinderung des Geruchsaustritts geeignet zu sein. In ihrer Arbeit als Künstlerin vor Ort wird ein Sisyphos-Ansatz der Sinnlosigkeit deutlich. Dies zeigt die sich reproduzieren-den Absurdität des Systems, die man auf gesellschaftliche (Arbeits-)Prozesse ebenso übertragen kann wie auf die Frage nach der Bedeutung und normierten Funktionalität all der Rohre, die verborgen das leiten, was wir in unserer Umwelt nicht sehen, hören und riechen wollen.

Laura Pientka verweist darauf ironisch im Titel, der klar macht, dass sich eine Künstlerin mit ihren unzureichenden Mitteln an einem industriellen, maschinen-basierten, normierten Prozess versucht. Vor allem der Geruch, den wir wahrnehmen, steht für das Scheitern dieses Ansatzes. Eine Desodorierung der Welt (und vermeintlich ›neutraler‹ Räume wie dem Ausstellungsraum) wird konterkariert; wir werden mit akustischen und olfaktorischen Ausbrüchen konfrontiert, die wir peinlich berührt genau kennen und nie ganz vermeiden können, obwohl sie wie die Ergebnisse vieler körperlicher Abläufe soweit wie möglich reduziert werden sollen. Dass uns die Künstlerin diese im Raum dominante unsichtbare Körperlichkeit mit ihrer Melasseverschmierung geradezu lustvoll als dauerhafte Auseinandersetzung vor Augen führt, macht die Konfrontation umso deutlicher, verweist sie doch darauf, dass wir bei aller versuchten Kontrolle eine bakterielle Welt darstellen, die ihr Eigenleben hat und die uns näher ist, als wir dies meist wahrhaben wollen.

Text von Dr. Ingmar Lähnemann, Olfkator: Geruch Gleich Gegenwart, Städtische Galerie Bremen.

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